Abraham’s Boys: A Dracula Story – Eine blutleere und unterentwickelte Fortsetzung des Mythos

Natasha Kermanis Film „Abraham’s Boys: A Dracula Story“ wagt sich an eine faszinierende Prämisse: Was geschah mit der Familie Van Helsing nach den dramatischen Ereignissen um den berühmten Vampirgrafen? Als Langfilmadaption der gleichnamigen Kurzgeschichte von Joe Hill (aus der Sammlung „20th Century Ghosts“) verspricht der Film ein psychologisches Gothic-Drama, das jedoch trotz guter Ansätze sein Potenzial nicht ausschöpfen kann.

Die Handlung setzt Jahre nach dem Tod Draculas ein. Abraham Van Helsing (gespielt von Titus Welliver) ist mit seiner Frau Mina (Jocelin Donahue) und den beiden Söhnen, dem misstrauischen Teenager Max (Brady Hepner) und dem jüngeren, beeinflussbaren Rudy (Judah Mackey), in die USA ausgewandert, um der Vergangenheit zu entfliehen. Eine entscheidende Änderung gegenüber der literarischen Vorlage, in der die Mutter bereits verstorben ist, ist Minas Überleben. Diese Neuerung bietet theoretisch eine spannende zusätzliche Ebene, da Mina von Visionen ihrer traumatischen Vergangenheit heimgesucht wird. Leider versäumt es der Film, diesen Handlungsstrang konsequent und tiefgründig zu verfolgen.

„Abraham’s Boys“ gelingt es zwar, die Motivationen seiner Charaktere nachvollziehbar darzustellen, doch die Umsetzung leidet unter einer blutleeren und dramaturgisch kargen Inszenierung. Titus Welliver verkörpert den herrischen und geheimnisvollen Patriarchen mit einer angemessen steifen Zurückhaltung. Einige seiner Blicke und Gesten lassen das Potenzial für einen weitaus düstereren und fesselnderen Film erahnen. Insgesamt bleibt seine Präsenz jedoch zu schwach, um die angedeutete erdrückende Wirkung auf seine Familie glaubhaft zu vermitteln. Die Chemie zwischen Welliver und Donahue fehlt spürbar, was den Austausch emotional aufgeladener Dialogzeilen wie „Ich werde dich niemals verlassen“ und „Das glaube ich dir nicht“ wirkungslos verpuffen lässt.

Der Film erinnert stark an Bill Paxtons überlegenes Horrordrama „Dämonisch“ (Frailty) aus dem Jahr 2001, das ebenfalls von zwei Jungen und ihrem besessenen Vater handelt. Im Gegensatz dazu erklärt „Abraham’s Boys“ zu viel durch Dialoge, anstatt die Spannung durch visuelle und atmosphärische Dichte zu erzeugen. Wichtige Momente, wie die Einführung der Söhne in das „Familiengeschäft“ der Vampirjagd, fallen deutlich weniger beunruhigend aus als in der Kurzgeschichte. Die Inszenierung ist oft visuell flach, auch wenn der Film sich Zeit für atmosphärische Geräusche wie das Rauschen des Windes oder das Knirschen von Kies unter den Füßen der Charaktere nimmt.

Letztendlich wird die vielversprechende Prämisse der Kurzgeschichte auf Spielfilmlänge zu dünn gestreckt und mit oberflächlichen Entwicklungen gefüllt. Neue Nebenfiguren wie Elsie (Aurora Perrineau) tauchen auf, ohne der Handlung Wesentliches hinzuzufügen. Auch eine spät eingeführte Konfrontation mit einer Figur aus Abrahams Vergangenheit, die die Frage „Was, wenn wir einen Fehler gemacht haben?“ aufwirft, fühlt sich aufgesetzt an.

So bleibt „Abraham’s Boys: A Dracula Story“ ein unterentwickelter und luftleerer Versuch, den Dracula-Mythos fortzuschreiben. Der Film bietet zwar eine interessante Idee und einige wenige gelungene Momente, scheitert aber daran, eine packende Geschichte zu erzählen und seine Charaktere vollständig zum Leben zu erwecken. Was als düsteres Psychodrama hätte überzeugen können, entpuppt sich als eine leider nur halbherzig umgesetzte Nacherzählung.

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