„Don’t Let’s Go to the Dogs Tonight“ ist die Verfilmung von Alexandra Fullers gleichnamigen Memoiren und erzählt die Geschichte des rhodesischen Bürgerkriegs (heute Simbabwe) aus der Perspektive eines Kindes. Unter der Regie der Südafrikanerin Embeth Davidtz, die auch eine der Hauptrollen übernimmt, entfaltet sich ein eindringliches Drama, das die Schrecken des Krieges nicht auf dem Schlachtfeld, sondern in der angespannten Stille eines ländlichen Hofes findet. Der Film, der im August 2024 auf dem Telluride Film Festival seine Premiere feierte, ist eine ungeschönte Darstellung einer von Rassismus und Paranoia geprägten Kindheit.
**Ein Leben im Ausnahmezustand**
Der Film folgt der achtjährigen Bobo (Lexi Venter), die mit ihrer Familie auf einer Farm im ländlichen Rhodesien lebt. Doch die idyllische Landschaft trügt. Der Unabhängigkeitskrieg, in dem nationalistische Gruppen die britische Kolonialherrschaft stürzen wollen, wirft lange Schatten auf das Leben der Familie. Die Matriarchin Nicola (Embeth Davidtz) schläft mit einem Gewehr im Arm, als wäre es ein Teddybär. Ihre ständige Anspannung manifestiert sich in einer starren Körperhaltung und einem furchtsamen Blick – eine Mutterschaft, die nicht von Zärtlichkeit, sondern von permanenter Wachsamkeit geprägt ist. Der Vater ist als Soldat oft abwesend, und die ältere Schwester Van (Anina Reed) bleibt eine distanzierte Figur.
Im Zentrum der Geschichte steht Bobo, durch deren Augen und Erzählung die brutale Realität des Krieges auf die Unschuld und das Unwissen eines Kindes trifft. Bobo ist ein Wildfang, der Motorrad fährt, raucht und sich in jungenhaftem Unfug übt. Eine tiefe Verbindung hat sie zu der einheimischen Frau Sarah (Zikhona Bali), die ihr jene Wärme und Orientierung gibt, die ihr im eigenen Elternhaus fehlt.
**Rassismus aus kindlicher Perspektive**
Das Land selbst wird zu einer zentralen Figur des Films, die sowohl Heimat als auch umkämpftes Territorium darstellt. Der Film konfrontiert die Zuschauer mit den tief verwurzelten rassistischen Dynamiken, die das Land spalten. Bobo selbst versteht diese Komplexität nicht. Als ihre Mutter ihr erklärt, sie sei keine Afrikanerin, und Bobo fragt, ob es an ihrer Hautfarbe liege, antwortet Nicola nur: „Es ist kompliziert.“
Der Film verzichtet auf explizite Kampfszenen. Der Krieg findet am Rande statt, in den Nachrichten im Fernsehen oder in den Ängsten der Erwachsenen. Diese Distanz ermöglicht es, Bobos kindliche Naivität aufrechtzuerhalten. Sie spielt mit den einheimischen Jungen und behandelt sie wie Diener, bis Sarah ihr beibringt, sie als gleichwertige Kinder zu sehen. Ein einschneidender Moment ist, als Bobos Blick auf einer Party auf einen Fernsehbericht fällt, der die Leiche eines afrikanischen Soldaten zeigt. Das Flackern in ihren Augen markiert den Verlust eines weiteren Stücks ihrer Unschuld.
**Eine bewusste, aber begrenzte Perspektive**
„Don’t Let’s Go to the Dogs Tonight“ ist unweigerlich an seine weiße Perspektive gebunden. Es ist die Geschichte einer weißen Familie, die auf gestohlenem Land lebt und um ihre Privilegien fürchtet. Der Film rechtfertigt sich gewissermaßen durch die Wahl von Bobos eingeschränkter Sichtweise. Doch er scheint sich dieser Limitierung bewusst zu sein. Am Ende, als Bobo sich an Sarah erinnert, wird deutlich, dass die Erzählung einen prototypischen Blickwinkel beibehält und Bobo noch viel zu lernen hat.
**Fazit**
Embeth Davidtz legt mit „Don’t Let’s Go to the Dogs Tonight“ ein beeindruckendes Regiedebüt vor. Es ist mehr als nur ein Kriegsfilm; es ist das Coming-of-Age-Drama eines Kindes, dessen Erwachsenwerden untrennbar mit dem Verständnis von Rasse und Ungerechtigkeit verbunden ist. Der Film ist eine nuancierte und beunruhigende Studie über die psychologischen Auswirkungen von Kolonialismus und Krieg, getragen von einer starken Leistung der jungen Hauptdarstellerin Lexi Venter. Mit einem Hauch von beißendem Realismus gelingt es dem Film, eine spezifische und dennoch universell berührende Geschichte über den Verlust der Heimat und der Unschuld zu erzählen.