In seinem Regiedebüt „Sovereign“ liefert Christian Swegal ein packendes politisches Drama, das als eine Mischung aus „Leave No Trace“ und „Hell or High Water“ beschrieben werden kann. Angeführt von einer beeindruckenden Besetzung, wirft der Film einen nachdenklichen und einfühlsamen Blick auf eine polarisierende Bewegung.
**Ein Land im ideologischen Kampf**
Im Zentrum der Handlung steht Jerry Kane (Nick Offerman), ein ehemaliger Dachdecker aus Arkansas, der zum Sprachrohr der sogenannten „Sovereign Citizens“ geworden ist – einer Bewegung von Bürgern, die die Autorität der Regierung, der Banken und des Rechtssystems ablehnen. Tagsüber reist er durchs Land und hält Reden vor verzweifelten Menschen, die sich vom System betrogen fühlen. Nachts teilt er in Radiosendungen seine Methoden, wie man sich dem Gesetz widersetzen kann. Doch seine Überzeugungen können weder ihn noch seinen introvertierten Teenager-Sohn Joe (Jacob Tremblay) vor der Realität schützen: Sie kämpfen einen aussichtslosen Kampf.
Der Film, der auf wahren Begebenheiten beruht, beginnt mit den Folgen einer gewaltsamen Auseinandersetzung und springt dann in der Zeit zurück. Als Joe allein zu Hause einen Räumungsbescheid erhält, wird klar, dass dies nicht der erste Rückschlag für die Familie ist. Jerry weigert sich, mit der Bank zu verhandeln, in der Überzeugung, dass die Autoritäten machtlos sind, wenn man ihre Macht einfach nicht anerkennt. Obwohl der Film politische Parteien oder Namen wie Trump bewusst ausspart, verkörpert Jerry unverkennbar eine Haltung des Misstrauens gegenüber etablierten Institutionen.
**Die Perspektive eines Sohnes**
Obwohl Nick Offerman als Jerry eine überlebensgroße und imposante Figur darstellt, ist „Sovereign“ im Kern die Geschichte seines Sohnes Joe. Durch seine Augen erleben wir, wie Wut und Ideologie von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden. Regisseur Swegal entscheidet sich klugerweise dagegen, die Geschichte aus Jerrys Perspektive zu erzählen, was dem Publikum erlaubt, eine kritische Distanz zu wahren. Jacob Tremblay brilliert in der Rolle des Joe, der seinen Vater zwar vergöttert, aber langsam zu zweifeln beginnt. Er sehnt sich nach einem normalen Leben, denkt darüber nach, wieder zur Schule zu gehen, und blickt sehnsüchtig zum Nachbarsmädchen hinüber. Tremblays subtile Darstellung eines Jungen, der nur einen Schritt von einer lebensverändernden Erkenntnis entfernt ist, verleiht der Figur eine herzzerreißende Tiefe.
**Spiegelbilder und schleichende Eskalation**
Ein interessanter, wenn auch etwas unterentwickelter, Handlungsstrang ist die Parallele zwischen Jerry und Joe und dem Polizisten-Duo John Bouchart (Dennis Quaid) und seinem Sohn Adam (Thomas Mann). Auch hier prägen die Werte des Vaters die des Sohnes, insbesondere durch eine harte, von Männlichkeitsritualen geprägte Erziehung. Der Film deutet hier eine Kritik an toxischer Männlichkeit an, ohne sie jedoch vollständig auszuarbeiten.
Für einen Film, der von Wut erfüllt ist, ist „Sovereign“ erstaunlich leise und beobachtend inszeniert. Die Kamera von Dustin Lane fängt die Details ein, die viel über Vater und Sohn verraten: ein Vorgarten voller unbrauchbarer Möbel, der Kontrast zwischen Joes heruntergekommenem Zuhause und der idyllischen Vorstadt-Normalität nebenan. Die Bildsprache ist von kargem Licht und einer begrenzten Farbpalette aus Grau- und Weißtönen geprägt, die durch rote Akzente die kommende Gewalt subtil vorwegnimmt.
Der Film nimmt sich Zeit und baut seine Spannung langsam auf. Während Jerrys Rhetorik bei seinen Versammlungen immer radikaler wird und er offen zu bewaffnetem Aufstand und Mord aufruft, wird dem Zuschauer klar, dass diese Geschichte nicht gut enden kann. Die unausweichliche Eskalation erzeugt einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann, und macht „Sovereign“ zu einem intensiven und nachwirkenden Thriller, der voraussichtlich 2025 in die Kinos kommt.