‘We Were Liars’-Kritik: Wie ein irrer Twist Amazons laues YA-Drama nicht retten kann

Die Adaption von E. Lockharts Bestseller „We Were Liars“ (deutscher Titel: „Solange wir lügen“) gehörte zu den mit Spannung erwarteten Young-Adult-Serien auf Amazon Prime Video. Die Prämisse ist fesselnd: Eine wohlhabende Familie, die Sinclairs, verbringt ihre Sommer auf einer Privatinsel. Nach einem mysteriösen Unfall leidet die Protagonistin Cadence an Amnesie und kehrt an den Ort des Geschehens zurück, um die traumatischen Ereignisse zu rekonstruieren. Doch trotz einer schockierenden Wendung, für die bereits die Buchvorlage berühmt war, entpuppt sich die Serie als eine überraschend lahme und allzu vertraute Angelegenheit.

Ein Name, der bei der Produktion sofort ins Auge sticht, ist Julie Plec. Als Schöpferin des „The Vampire Diaries“-Universums hat sie das moderne YA-Fernsehen maßgeblich geprägt. Ihre Beteiligung weckt Erwartungen: Hochglanz-Optik, ein attraktiver junger Cast, komplexe Familiengeheimnisse und dramatische Liebesdreiecke. Leider fühlt sich „We Were Liars“ genau wie eine Nummernrevue dieser bekannten Formel an. Die Serie wirkt weniger wie eine frische Interpretation des Stoffes, sondern eher wie ein müder Aufguss von Plecs früheren Erfolgen. Die Verpflichtung von Candice King, bekannt als Caroline Forbes aus „The Vampire Diaries“, in der Rolle einer der Sinclair-Tanten, verstärkt diesen Eindruck nur noch – es ist ein bekanntes Gesicht in einer allzu bekannten Welt.

Das Hauptproblem der Serie ist ihre träge Erzählweise. Das Mysterium um Cadences Gedächtnisverlust wird über die Episoden so sehr gestreckt, dass die Spannung schnell verfliegt. Anstatt eines fesselnden Psychothrillers bekommen die Zuschauer ein langatmiges Familiendrama, das sich in Belanglosigkeiten verliert. Die „Lügner“ – die zentrale Clique aus Cadence, ihren Cousins und Gat, einem Außenseiter – entwickeln nie die nötige Chemie, um das Publikum emotional an sich zu binden. Ihre Dialoge plätschern oft oberflächlich dahin, ohne wirkliche Tiefe zu erzeugen. Die Charaktere bleiben blasse Archetypen des Reichtums und der privilegierten Langeweile, deren Schicksal zunehmend gleichgültig wird.

Der berühmte Twist, der das Fundament der Geschichte bildet, kommt zwar auch in der Serie vor, doch seine Wirkung verpufft beinahe. Ein schockierendes Ende kann eine Serie nur dann retten, wenn der Weg dorthin fesselnd war. Hier fühlt es sich jedoch an, als hätte man sich allein auf die Enthüllung verlassen, um die erzählerischen Schwächen der vorangegangenen Stunden zu kompensieren. Die Enthüllung ist zwar für sich genommen immer noch clever und tragisch, doch sie kann das Gefühl nicht auslöschen, dass die Reise dorthin eine verpasste Chance war.

Letztendlich ist „We Were Liars“ eine Enttäuschung. Die Serie nimmt eine starke Vorlage und verwandelt sie in ein generisches YA-Drama, dem es an Herz und Spannung fehlt. Weder Fans des Buches, die eine würdige Adaption erwartet haben, noch Neueinsteiger, die auf einen packenden Thriller hoffen, kommen hier auf ihre Kosten. Nicht einmal eine verrückte Wendung am Ende kann die Serie davor bewahren, ein lauer und letztlich vergesslicher Beitrag im überfüllten Streaming-Angebot zu sein.